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Mit der Gailtalerin 9.060 km nach الأندلس

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Mit der Gailtalerin 9.060 km nach الأندلس

Beitrag von Nergal »

Werte Motoradkollegen und -kolleginnen,

hier entsteht in den nächsten Stunden ein längerer Reisebericht. Um die Lesbarkeit des Textes zu gewährleisten, bitte ich sehr freundlich um vorübergehende Funkstille in diesem Thread. Gern können Kommentare abgegeben werden. Sie sollten eben nur am Ende meines Berichts stehen und nicht irgendwo mittendrin. Für eure Rücksichtnahme danke ich recht herzlich. Ich hoffe, dass sich niemand belästigt fühlt. Wenn doch, darf der Admin gerne löschen.

Edit: Die Geschichte ist nun fertig in diesem Forum eingestellt. Danke für eure Geduld.
Zuletzt geändert von Nergal am Sa 11. Jan 2020, 15:54, insgesamt 2-mal geändert.
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Wolf-Ingo

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Re: Mit der Gailtalerin 9.060 km nach الأندلس

Beitrag von Nergal »

Reisebericht: Mit der Gailtalerin 9.060 km nach الأندلس (Al Andaluz)

Spontaneität ist nicht so mein Ding. Entscheidungen müssen sorgfältig abgewogen werden. Und das kostet halt Zeit. Bei der Wahl meines jüngsten Reiseziels waren das schlappe 29 Jahre. 1990 sah ich einen Campingplatz in Spanien, der mir wegen seiner tollen Lage inmitten unberührter Natur sehr gefiel. Da müsste man eigentlich mal hinfahren! Nachstehendes Foto entstand 1990 etwa 40 km entfernt von besagtem Campingplatz.
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1990 in الأندلس
1990 in الأندلس
Zuletzt geändert von Nergal am Sa 11. Jan 2020, 15:54, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Mit der Gailtalerin 9.060 km nach الأندلس

Beitrag von Nergal »

2019 beschließe ich, mein Vorhaben umzusetzen. Allerdings bin ich mittlerweile drei Jahrzehnte älter geworden. Einige meiner Freunde haben bereits Charons Dienste gebucht; andere bestehen am Acheron gerade ihr letztes Gefecht. Eine innere Stimme raunt: „Wolf, du bist zu alt für den Scheiß!“ „Unsinn,“ meint das Großhirn, „jeder ist so alt, wie er sich fühlt. Und wenn du schon massenhaft Motorräder von jüngeren Leuten kaufst, die altershalber das Fahren aufgeben, dann musste da jetzt ran, Wolf! Oder willste kneifen?“ Natürlich nicht! Ergeben schiebe ich die Gailtalerin in meine Keller- Werkstatt.
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Alter Sack auf Reisen
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Zuletzt geändert von Nergal am Sa 11. Jan 2020, 17:46, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Mit der Gailtalerin 9.060 km nach الأندلس

Beitrag von Nergal »

Die „Gailtalerin“ ist eine 650er Dominator RD 02. 1990 wurde sie in Italien erstmals zugelassen. Wer jetzt meint, dass das Gailtal ja in Österreich liege, hat gewiss recht. Er outet sich aber auch als schimmerloser Youngster, der mit dem 1974 erschienenen Musikdrama „Der Watzmann ruft“ noch nie in akustische Berührung kam. Das ist vielleicht sogar besser so, denn dann wäre er womöglich schon tot. Die Schuld trüge ein übles Luder namens „Gailtalerin“. Das Satansweib besaß „feierrote Unterröck“ und schickte die „Mannsbuilder“ gleich reihenweise in den sicheren Tod. Bei mir macht sie - hoffentlich - eine Ausnahme! https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Watzmann_ruft

Ich packe nur das Nötigste auf. (Grins!) Besonders gespannt bin ich auf das Navi, das ich mir bereits im letzten Jahr zulegte, aus Zeitmangel aber nicht montieren konnte. Die Verkabelung am Mopped bringe ich noch in letzter Sekunde an - zum Studium der Bedienungsanleitung komme ich aber nicht mehr. Na ja, dann eben im Urlaub! Was soll schon schiefgehen? Im Auto nutze ich schließlich auch ein Navi!
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Ich nehm‘ fast nix mit.
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Zuletzt geändert von Nergal am Sa 11. Jan 2020, 17:47, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Mit der Gailtalerin 9.060 km nach الأندلس

Beitrag von Nergal »

30. Mai: Punkt 8 Uhr fahre ich in Coburg ab. Das Wetter ist freundlich und mit maximal 20 Grad angenehm temperiert. Auf der Landstraße lasse ich es gemütlich angehen und freue mich über das Bollern des Einzylinders. Bald nach dem Start mache ich das Navi an. Ups, es will von mir wissen, in welchem Land wir gerade sind!!!! Sollte das nicht umgekehrt sein? Egal, meine Hausstrecke nach Frankreich findet die Domi im Schlaf. Ab Schweinfurt geht es (meist) über die Autobahn entlang der Strecke Heilbronn – Karlsruhe nach Mulhouse. An der ersten französischen Zahlstelle kriege ich fast einen Tobsuchtsanfall: Der Automat nimmt zwar mein Geld, macht aber die Schranke nicht auf. Auf meinen hilfesuchenden Knopfdruck reagiert man nur mit der stereotypen Forderung, ich möge halt den geforderten Zahlbetrag einwerfen. Hinter mir staut sich eine Motorradgruppe; ihr Anführer, ein Kuttenträger, schaut gelassen zu und drängt mich nicht. Irgendwann kapiere ich, dass Doppelzahlung der einzige Ausweg ist. Ob die Belegschaft der Mautstellen so ihr Salär aufbessert? Nach einer neunstündigen, nahezu pausenlosen Fahrt schlage ich im 700 km entfernten Campingplatz von Lons-le-Saunier (https://www.camping-marjorie.com/) mein Zelt auf. Als Abendesse gibt es ein Vollkornbrötchen und zwei hartgekochte Eier. Beim abendlichen Absackerwein stelle ich betrübt fest, dass Radio France heute keine Klassik für mich im Angebot hat und dass mein uraltes Handy streikt.
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Abfahrt
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Re: Mit der Gailtalerin 9.060 km nach الأندلس

Beitrag von Nergal »

31. Mai: Um halb Sieben treibt es mich aus dem Zelt. Wie zu Beginn jeder Motorradreise plagen mich starke Kopfschmerzen. Ob das vom Winddruck kommt oder aber vom mangelnden Liegekomfort, konnte ich nie klären. Gegen 9 Uhr bollert der Einzylinder. Heutzutage Landstraßen in Frankreich zu fahren, empfinde ich als Tortur. Das Tempolimit beträgt neuerdings 80 km/h, und die Franzosen halten sich auch noch dran. Ach, was waren das früher für schöne Zeiten! Ich tuckere frustriert vor mich hin. Plötzlich fegt ein älterer Mercedes an mir vorbei. Ich folge dem jungen Heißsporn. Jetzt macht’s endlich wieder Spaß! Nach vielen Kilometern fährt der Mercedes rechts ran und spuckt einen schlohweißen Fahrer aus. Nix Jungspund! Nix Tempolimit! Für so’n Scheiß ist der Senior einfach zu alt.

Vor Bourg-en-Bresse biege ich auf die Autobahn ab und entledige mich bei Lyon meiner wärmenden Unterwäsche. Ein Abfallcontainer an einem LKW-Parkplatz gibt mir gute Deckung – denke ich, und irre mich gründlich. Hier halten nämlich auch Reisebusse! Kaum stehe ich halbnackt da, defiliert ein nicht enden wollender Strom von Passagieren direkt an mir vorbei. Mindestens die Hälfte davon ist weiblich. Positiv: Niemand ist schreiend weggerannt!

Es folgen vier Stunden langweiliger Autobahnfahrt bei Sonnenschein und moderaten Temperaturen. Ich drehe konstant 5.000 Upm, was ein Tempo von 115 km/h ergibt. Befriedigt stelle ich fest, dass der Setrab-Ölkühler die Öltemperatur bei rund 100 Grad hält. Gegen 16 Uhr biege ich bei Sigean von der Autobahn ab, fetze durch die einsamen Corbièren und schlage mein Zelt endlich am Fuße der Pyrenäen auf. 1.350 km habe ich binnen zweier Tage zurückgelegt. Sigrid und ich verlebten hier in Axat 1987 wundervolle Wochen. Der Platz liegt in einer Schlucht neben dem Flüsschen Aude. Früher war er weder dicht bevölkert noch parzelliert. Jetzt ist das ganz anders geworden: Das pralle Leben tobt und bedarf offenbar dringend einer ordnenden Hand. Wo ist nur der lässige Lebensstil früherer Jahrzehnte geblieben? Die Franzosen werden uns immer ähnlicher. Nicht unbedingt ein Vorteil!

https://www.france-voyage.com/frankreic ... -39774.htm
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Meine Holde und ich 1987 aufm fast leeren Platz in Axat
Meine Holde und ich 1987 aufm fast leeren Platz in Axat
Zuletzt geändert von Nergal am Sa 11. Jan 2020, 16:01, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Mit der Gailtalerin 9.060 km nach الأندلس

Beitrag von Nergal »

Zum Abkochen habe ich keine Lust. Als Nachtmahl gibt es gebähtes Weißbrot, Landjäger und viel Ziegenmilch. Genauso wie bei meinem ersten Frankreich-Urlaub vor 50 Jahren. Meine Stimmung ist gedämpft, denn ich habe bereits kurz nach Reisebeginn mit technischen Problemen zu kämpfen: Das Helmvisier hängt leider nur noch an der linken Helmseite, weil das rechte Befestigungsteil kürzlich absprang. Ein Telefonat mit zu Hause ist nicht möglich, da der Akku meines Handy’s streikt. Dem Radio ist leider auch kein vernünftiger Klassik-Ton zu entlocken. Zu allem Überfluss schlafe ich auch noch besch… und wache morgens wie gerädert auf.

1. Juni: Müde breche ich um 8 Uhr auf. Es geht 30 km zurück zur Tanke nach Estagel. Mein kläglicher Versuch, dort die vermisste Visierschraube zu entdecken, endet in einer absehbaren Niederlage. Während ich mich über winzige Straßen in die Pyrenäen hochschraube, geht meine Stimmung in den Keller. Es plagen mich hartnäckige Kopf- wie Ohrenschmerzen, und die Schleicherei in Frankreich geht mir total auf den Geist. Kurzfristig blitzt sogar der Gedanke an einen Reiseabbruch in mir auf. Bin ich vielleicht zu alt für so’n Scheiß? Eins ist sicher: Ich bin nicht mehr 18!

Bei sonnigem Wetter geht es über Puigcerda und den Pyrenäenkamm in Richtung Lleida. Gut sichtbar an eine Mauer hat ein katalanischer Witzbold in großen Lettern hingekrakelt: „Espanya 187 km“. Minütlich überholen mich Pulks aus neuen Boxern und AT‘s. Genauso viele kommen mir entgegen. Alle sind im Rennmodus. Tempora mutantur! 1971 konnte man die Zahl der Motorradfahrer, die man auf Reisen traf, noch an ein, zwei Händen abzählen. Gegen Mittag wird es warm. Ich suche ich mir einen schattigen Platz, lege eilends die wärmende Unterwäsche ab und döse eine halbe Stunde.
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Rast in den Pyrenäen
Rast in den Pyrenäen
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Re: Mit der Gailtalerin 9.060 km nach الأندلس

Beitrag von Nergal »

Gestärkt dringe ich in die Ebro-Ebene vor, passiere Lleida und Fraga und folge dann dem Oberlauf des Ebro in Richtung Caspe. Meine Krise habe ich überwunden. Das Wetter ist göttlich, die Straßen sind fast leer. Sieht man doch einmal ein Auto, dann hat dessen Fahrer von Tempolimits sicher noch nie etwas gehört. Tu felix Hispania! Gegen 16 Uhr wird die Hitze brutal. Wegen der hochstehenden Sonne gibt es nirgends Schatten. Ich bin fast am Verdursten, als ich endlich eine geeignete Raststelle finde. Der Vermüllung nach zu urteilen, ist es die einzige in weitem Umkreis.
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Rast bei Caspe
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Re: Mit der Gailtalerin 9.060 km nach الأندلس

Beitrag von Nergal »

Bei Alcaniz verirre ich mich in der brütend heißen Innenstadt. Das bringt immerhin den Vorteil mit sich, dass ich einen Laden finde, in dem ich Wasser und Wein bunkern kann. Die Domi steht in der prallen Sonne, was das Beladen schier unerträglich macht. Gegen 17.30 Uhr finde ich bei Mas de las Matas einen netten kleinen Zeltplatz, der über eine saubere Sanitäreinrichtung und ausreichend Schatten verfügt. Für das Ausziehen der eng am Körper klebenden Lederhose muss ich einen wilden Stampftanz vor dem Zelt aufführen, für den ich geschlagene 10 Minuten brauche. Zugleich muss ich mich eines aufdringlichen Katers erwehren, der mein Zelt inspizieren will und sich durch Zischen und Fauchen wenig beeindrucken lässt. Er weiß nur zu gut, dass er hier der Platzherr ist und von einem Gast nichts zu befürchten hat. Einmal scheint er sich aber etwas zu sicher gewesen zu sein, denn es fehlt ihm der halbe Schwanz. Der Platz ist wunderbar leer. Im Restaurant neben dem Eingang ist die an Wochenenden übliche Hölle los, von der ich lärmdämpfende 25 Meter entfernt campiere. Ich koche heute erstmals ab und entdecke betrübt, dass eines meiner beiden Fläschchen, die den zum Vorheizen des Benzinkochers nötigen Spiritus beherbergen, leckgeschlagen ist. Derartige technische Probleme scheinen meine diesjährige Reise kennzeichnen zu wollen. Über das Handy kann ich nur eine sehr kurze Nachricht absetzen, dass es mir gut geht. Dann bricht die Spannung zusammen.
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Zelt in Mas de las Matas
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Re: Mit der Gailtalerin 9.060 km nach الأندلس

Beitrag von Nergal »

2. Juni: Gegen 7 Uhr wache ich mit üblen Kopfschmerzen auf. Ich koche mir Tee und genieße es, Tisch und Stuhl zur Verfügung zu haben. Sie stehen in größerer Zahl auf dem Platz herum. Toller Service! Auf einem von Deutschen in der Nähe von Carcassonne betriebenen Campingplatz für Motorradfahrer hatte es vor einigen Jahren jemand gewagt, sich einen Stuhl neben sein Zelt zu stellen. Rasch wurde ihm bedeutet, dass die Stühle für Pensionsgäste reserviert seien. Das macht eben den Unterschied zwischen spanischer Gastfreundschaft und deutscher Geschäftstüchtigkeit aus. Nur widerstrebend beende ich mein von Vogelgezwitscher begleitetes Frühstück und gehe zur Rezeption. Ganze 7,50 € werden mir abverlangt. Beim Aufpacken entdecke ich, dass der verfluchte Kater ans Zelt gepinkelt hat. Bereits in der Nacht musste ich ihn mehrfach aus meiner Apsis jagen. Dass er mir noch viel größeren Ärger bereiten würde, konnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht wissen.
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Frühstückstisch in Mas
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Re: Mit der Gailtalerin 9.060 km nach الأندلس

Beitrag von Nergal »

Gegen 10 Uhr tuckere ich gemütlich los. Ich nehme die Strecke Castellote – Mirambel – Cantavieja – Teruel und genieße die herrliche Landschaft. Im Flussbett des Rio Guadalope wird Kies abgebaut.
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Kiesabbau im Rio Guadalope
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Re: Mit der Gailtalerin 9.060 km nach الأندلس

Beitrag von Nergal »

Bei Mirambel kommt ein großer Windpark in Sicht.
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Windpark bei Mirambel
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Re: Mit der Gailtalerin 9.060 km nach الأندلس

Beitrag von Nergal »

Meist fahre ich durch weitgehend unberührte Natur. Gelegentlich kommen Bauernhöfe, Dörfer und kleine Landstädtchen in Sicht. Ähnlich muss es hier schon vor 200 Jahren ausgesehen haben. Eine bukolische Landschaft: verstreute Kuh- und Ziegenherden, hie und da mal ein Äckerchen. Neu hinzu gekommen sind tolle kurvenreiche Straßen ohne jeglichen Verkehr. So stelle ich mir das Paradies vor! Ich bin förmlich berauscht von meiner Umgebung und tuckere mit 80 Sachen gemächlich durch die Gegend. Spektakulär ist der weite Blick über die von der Macchia nur spärlich bedeckte Landschaft. Vorbei die Zeiten, in denen ein römischer Dichter berichten konnte, Spanien sei so dicht bewaldet, dass ein Affe von den Pyrenäen bis zu den Säulen des Herkules (Gibraltar) von Ast zu Ast springen könne, ohne je den Boden berühren zu müssen. Tempi passati!
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Cantavieja
Cantavieja
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Re: Mit der Gailtalerin 9.060 km nach الأندلس

Beitrag von Nergal »

Ab Teruel geht es entlang des Rio Turia durch gebirgige Sierras nach Utiel und Requena, wo Wein- und Olivenanbau dominieren. 30 km vor Albacete eröffnet sich dann eine weite Ebene, die von der agrarischen Großindustrie okkupiert worden ist: Monokultur und ausgeräumte Felder prägen das Bild. Landwirtschaftswüste oder wüste Landwirtschaft? Naja, die Leute müssen auch von was leben! Es kann nicht jede Nation schadstoffarme Diesel-PKW‘s bauen.
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Wein-Monokultur vor Albacete
Wein-Monokultur vor Albacete
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Re: Mit der Gailtalerin 9.060 km nach الأندلس

Beitrag von Nergal »

Auch ohne Navi schaffe ich es gut durch die Großstadt Albacete. 30 km weiter, nach einer nicht enden wollenden Geraden, wird es bei Balazote endlich wieder kurvig. Mein im Naturpark liegendes Ziel kommt in Reichweite. Voller Vorfreude gebe ich Gas und übersehe prompt einen Blitzer. Oha, auch Spanien rüstet auf! Ich hoffe inbrünstig, dass mich die Anlage nur von vorne aufgenommen hat. Bei Alcaraz biege ich nach Süden in die gleichnamige Sierra ab und erreiche über eine 55 km lange Rüttelpiste, die oft nur Schritttempo zulässt, gegen 18 Uhr den Campingplatz „Rio Mundo“ in Riópar. https://www.campingriomundo.es/ An der Rezeption werde ich von Señor Alvaro sehr freundlich empfangen. Er spricht Englisch und wird mir bei meinen technischen und sonstigen Problemen noch eine außerordentlich wertvolle Hilfe werden.

Während ich mein Zelt aufbaue, bäckt mir Alvaro ein Weißbrot auf. Brot und Calamares aus der Dose munden köstlich! Abends ziehe ich bei Rotwein eine erste Zwischenbilanz: Binnen vier Tagen bin ich 2.350 km mit meiner Domi gefahren. Sie hat rund 4½ l Sprit (auf 100 km) und etwa 0,4 l Öl (auf 1.000 km) verbraucht. Nachts schrecken mich heftige Wadenkrämpfe auf. Mist!
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Alvaro
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Re: Mit der Gailtalerin 9.060 km nach الأندلس

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3. Juni: Ich habe einen Platz in unberührter Natur gefunden. Und er ist fast leer. Außerdem darf ich abseits der parzellierten Flächen in einem kleinen Waldstück campen. Einfach göttlich! Nur bei der Schattenberechnung habe ich versagt. Ausgerechnet zur Frühstückszeit knallt die Sonne auf meinen Standplatz. Und über mir baumelt ein abgestorbener Ast von der Größe einer Stoßlanze. Bei jedem Windstoß schaukelt er bedrohlich hin und her. Die Spitze zielt dabei direkt auf mein Zelt. Damokles auf Spanisch! Dass die wahre Gefahr von unten kommt, werde ich erst viel später bemerken.

Eine Dusche vertreibt den zuletzt etwas streng gewordenen Körpergeruch. Nachmittags schaffe ich einen von mehreren Handy-Zusammenbrüchen begleiteten Telefonanruf nach Hause. Dabei erfahre ich, dass Kloppo den Champions-League-Titel geholt und Nahles den SPD-Vorsitz niedergelegt hat. Letzteres ist wohl eine weitere Station im unaufhaltsamen (?) Abstieg einer traditionsreichen Volkspartei. Außerdem hat die Post noch Sonderdrucke meines Beitrags im soeben veröffentlichten Sammelband „Kommunen im Nationalsozialismus“ gebracht. Auch gut.
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Lage Zeltplatz
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Re: Mit der Gailtalerin 9.060 km nach الأندلس

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Im Zuge meines Nachmittagskaffees hätte ich fast den Wald abgefackelt: Urplötzlich steht der Benzinkocher in hellen Flammen. Ich verlebe angstvolle Sekunden. Gut, dass ein bestens gefüllter Wasserkanister in Reichweite steht. Es ist mal wieder das Rückschlagventil im Pumpengehäuse, dessen Dichtung versagt hat. Wie schon 2017! Ein Griff in die Teilekiste und das Problem hat sich erledigt. Danach wird ein weiteres Element ans Zelt geknüpft, was statt vermuteter 15 Minuten eine volle Stunde benötigt. Zum Lohn verfüge ich jetzt über einen Wohnpalast von mehr als 5 Metern Länge. Feudal! Weniger feudal der alte Footprint, dessen Beschichtung mir an den Füßen klebt.

Abends köchele ich mir Nudeln in Fertigsauce „Carbonara“ von Maggi. Nicht mein Fall. Nach dem Abendessen kommt die obligatorische Krönung des Tages: Abhängen bei Rotwein und Radiomusik. Nach 49 Jahren puristischen Bodencampings genieße ich erstmals die Segnungen eines Faltstuhls. Das Radioprogramm bereitet mir leider eine herbe Enttäuschung: Kein Klassik-Sender weit und breit. Stattdessen öde Schlagermusik. Jetzt hülfe es ungemein, Helene-Fischer-Fan zu sein! Endlich finde ich einen Oldie-Sender, der meine Kopfhörer mit Werken von Roy Orbison und Giana Nanini beschallt. Meinetwegen. Menschen meines Alters hören ja lieber „Preußens Gloria“ und andere erhebende Marschmusik.
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Zeltsituation (Zelt noch ohne Verlängerung)
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Re: Mit der Gailtalerin 9.060 km nach الأندلس

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4. Juni: Die Sonne treibt mich gegen 9 Uhr aus dem Zelt. Heute steht der große Vorratskauf auf dem Programm. Langsam tuckere ich los. Eile würde dieser pittoresken Mittelgebirgslandschaft sicher nicht gerecht. Ich erfreue mich am Bollern des Einzylinders und genieße die Aussicht. An der Fuente de la Plata treibt mich ein schönes Fotomotiv aus dem Sattel.
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Fuente de la Plata
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Re: Mit der Gailtalerin 9.060 km nach الأندلس

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Meine Hoffnung, im 30 km entfernten Städtchen Elche de la Sierra einen großen Hipermercado zu finden, erfüllt sich nicht. Aldi und Lidl haben den Markt unter sich aufgeteilt. Also geht es weiter in das größere Hellin. https://de.wikipedia.org/wiki/Hellín Je weiter ich nach Osten vordringe, umso flacher und reizloser wird die Gegend. Es dominieren Wein- und Olivenanbau. Da ich auch in Hellin keinen Hipermercado finde, klappere ich verschiedene Läden ab. Bei mittäglichen 34 Grad im äußerst spärlichen Schatten wird das ständige Aus- und Anziehen von Kleidungsstücken bald zur Tortur.

In einer Drogerie finde ich Brennspiritus, der hier „alcohol pura“ heißt. Zunächst denken die Damen, ich will Schnaps kaufen; bald aber begreifen sie – und wir müssen alle herzhaft lachen. In der Apotheke kriege ich sündhaft teures Magnesium gegen meine Wadenkrämpfe. Meine Versuche, ein neues Handy zu kaufen, breche ich nicht nur der Hitze wegen ab. Ein ungewohntes Smartphone mit einer spanischen Betriebsanleitung in meinen Händen - ja, das wäre ein toller Spaß. Nicht für mich, aber sicher für alle Zuschauer. Auch mineralisches Motoröl in der Viskosität 15 W 40 finde ich nicht – weder in diversen Motorradwerkstätten noch bei den örtlichen Tanken. Aus Frust verfalle ich in einen hemmungslosen Pulpo-Kaufrausch. Wenn das so weitergeht, muss ich mich bald in einer Selbsthilfegruppe anmelden: „Hallo, ich heiße Wolf und bin Pulpoliker!“ Alle nicken verständnisvoll und begrüßen mich im Chor: „Willkommen, Wolf!“. Sch…, wie konnte es nur soweit kommen?

Das Verkaufspersonal ist unglaublich freundlich zu mir - einem merkwürdig kostümierten Ausländer, der ihr Sprache weder spricht noch versteht. An der Tanke werde ich von einem Einheimischen auf Englisch in einen munteren Schwatz verwickelt. Auf den Platz zurückgekehrt spricht mich eine ältere katalanische Camperin an und fragt, woher und wohin? Wir unterhalten uns mit Hand und mit Fuß. Was für ein wunderbares Land, was für freundliche Menschen! Auf dem Platz sind übrigens auch Landsleute eingekehrt. Sie würdigen mich keines Blickes. Das zickige Handy hat heute anscheinend seinen sozialen Tag und erlaubt mir ein längeres Telefonat mit Sigrid. Zu den Klängen von Bonnie Tyler und Susan Vega entkorke ich anschließend eine Weinpulle und hocke bis halb eins vor dem Zelt.
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Wein- und Olivenanbau nahe Hellin
Wein- und Olivenanbau nahe Hellin
Beste Grüße

Wolf-Ingo

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Re: Mit der Gailtalerin 9.060 km nach الأندلس

Beitrag von Nergal »

5. Juni: Es ist kühl geworden. Dunkle Wolken jagen über den Himmel. Der starke Wind treibt mir den Dreck in die Apsis und in den Kaffeetopf. Auf einen Ausritt habe ich keine Lust. Stattdessen widme ich mich dem Studium der Betriebsanleitung meines Navis. Dabei erziele ich nur mäßigen Erfolg. Mit meiner Zettelmethode im Klarsichtfach des Tankrucksacks komme ich eindeutig schneller zum Ziel. Mittags unternehme ich einen ausgiebigen Spaziergang am Ufer des Rio Mundo, der direkt neben dem Zeltplatz fließt. Was für eine herrliche Umgebung! Ich kann mich gar nicht sattsehen.

Nachmittags folge ich einer Empfehlung von Alvaro, dem guten Geist von der Rezeption. Das Visier meines Helms hängt ja seit Tagen nur noch an einer Schraube. Daher muss ich meine Kopfbedeckung wie ein rohes Ei behandeln. Das nervt! Auf Alvaros Rat hin suche ich Pablo in Riópar auf. Der hat einen Lebensmittelladen und repariert die Mopeds im Ort. Viel Hoffnung habe ich nicht. Wie sehr sollte ich mich täuschen! Pablo sieht sich den Schaden kurz an und verschwindet mit meinem Helm für 20 Minuten in der Eisenabteilung seines Supermercados. Als er zurückkommt, hält er einen reparierten Helm in der Hand. Die fehlenden Teile hat er kurzerhand selbst gedreht und gefeilt. Ich darf 3 € berappen und verlasse beglückt den Laden. Logo, dass ich hier Dauerkunde werde, was umso leichter fällt, als hinter der Kasse ein ausgesprochen hübsches Wesen sitzt. Ich lasse den Tag mit Radiomusik und Rotwein ausklingen. Es ist so kühl geworden, dass ich mich dick einmummeln muss.
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Rio Mundo
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Ufer des Rio Mundo
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Wolf-Ingo

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Re: Mit der Gailtalerin 9.060 km nach الأندلس

Beitrag von Nergal »

6. Juni: Blauer Himmel am Morgen – aber immer noch Wind, der mir Sand und Pinienkerne auf den Poncho und in das Zelt befördert. Säuberungen halten nur eine halbe Stunde vor. Der Platz füllt sich nun langsam. Alvaro verteidigt mein vorbestelltes Brot heldenhaft gegen gierige Niederländer. Hab Dank, tapferer Alvaro! Mit meinem Navi bin ich nun soweit vertraut, dass ich ein Ziel eingeben kann. Es heißt Yeste. Der Weg dahin führt durch malerische Schluchten und viel unberührte Natur.

https://www.bing.com/images/search?q=ye ... &FORM=IGRE
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Auf dem Weg nach Yeste
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Zuletzt geändert von Nergal am So 12. Jan 2020, 18:27, insgesamt 1-mal geändert.
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Wolf-Ingo

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Re: Mit der Gailtalerin 9.060 km nach الأندلس

Beitrag von Nergal »

Mit 28 Grad ist es angenehm temperiert. Ich erfreue mich am Bollern meines Einzylinders und lasse es gemütlich angehen. Mehrmals steige ich ab und mache Fotos der traumhaft schönen Umgebung. Dabei preise ich meine Weitsicht, dass ich mit der Domi nach Spanien gefahren bin. Mit ihr kann ich auf kleinstem Raum wenden, engste und steilste Gassen befahren, ohne befürchten zu müssen, es könne ein Weg ohne Umkehr werden. Mit meiner ursprünglichen Idee, die BMW K 75 S zu nehmen – von meiner K 100 RS ganz zu schweigen – wäre das wohl kaum möglich gewesen.
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Rio Tús
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Re: Mit der Gailtalerin 9.060 km nach الأندلس

Beitrag von Nergal »

Yeste empfängt mich mit dem Anblick eines martialischen Bunkers, in dem sich die Guardia Civil verbarrikadiert hat. „Todos por la patria“ steht in großen Lettern an der Zwingburg. Einschüchternd! Obwohl es mich gereizt hätte, verzichte ich auf ein Foto. Wesentlich angenehmer gestaltet sich die Besichtigung des örtlichen Castillos, das auf die Mauren zurückgeht. Ich lerne, dass hier die letzten Scharmützel zwischen Mauren und Christen vor dem Fall von Granada (1492) stattfanden. Die Burg ist zugleich ein Heimatmuseum, in dem man bäuerliche Arbeitsgeräte und Hauseinrichtungen aus der Mitte des letzten Jahrhunderts bewundern kann.
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Castillo von Yeste
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Re: Mit der Gailtalerin 9.060 km nach الأندلس

Beitrag von Nergal »

Über Elche de la Sierra, Ayna tuckere ich nach Liétor, (https://es.wikipedia.org/wiki/Liétor) wo eine gotische Eremitage und eine barocke Kirche zu besichtigen sein sollen. Ich genieße die Fahrt auf den leeren, gewundenen Straßen, die immer wieder mit spektakulären Ansichten aufwarten.
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Embalse de Fuensanta
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Re: Mit der Gailtalerin 9.060 km nach الأندلس

Beitrag von Nergal »

Zu meiner großen Enttäuschung sind Eremitage und Kirche in Lietor geschlossen. Gegen halb sechs bin ich am Platz zurück und trinke Kaffee. Mit Interesse beobachte ich, dass eine stark frequentierte Ameisenstraße an meinem Poncho vorbeiführt. Dass die Tierchen keineswegs harmlos sind, werde ich erst später bemerken. Nach dem Abkochen scheitern sämtliche Versuche, das Handy in Gang zu setzen. So wie es aussieht, werde ich den Rest des Urlaubs ohne die sonst gewohnte Kommunikation mit zu Hause auskommen müssen. Das treibt die Laune nicht eben nach oben, zumal mich die stetige Rockdudelei langsam nervt. Egal, morgen ist ein neuer Tag!
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Mein Daumen vor den Felsen bei Ayna
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